Selbstwirksamkeit in der Psychotherapie

- 1. Mai 2022

 

Positive Veränderungen in der Selbstwirksamkeitserwartung tragen einen entscheidenden Beitrag zur Wirksamkeit von kognitiver Verhaltenstherapie bei. Besonders bei verzahnter Therapie könnte Selbstwirksamkeit eine wichtige Rolle einnehmen. 

 

Selbstwirksamkeit, auf Englisch self-efficacy, beeinflusst maßgeblich unsere Einstellung zum Leben. Es meint die Überzeugung einer Person, auch schwierige Herausforderungen aus eigener Kraft bewältigen zu können. Mit einer solchen positiven Einstellung gegenüber dem Leben sind Menschen meist zufriedener, gesünder und haben weniger Zweifel.

 

Das Konzept der Selbstwirksamkeit wurde zuerst von dem kanadischen Psychologen Albert Bandura (*1925, †2021) definiert. Als einer der meist zitierten Psycholog:innen begründete er in den 1960ern durch seine populären Studien den Begriff der Selbstwirksamkeit und deren große Bedeutung. Menschen mit großem Vertrauen in sich selbst und in ihre Möglichkeiten können meist auch neue Herausforderungen gut bewältigen. Dieses Vertrauen in sich selbst entsteht vor allem durch positiv erlebte Erfahrungen. 

Es wird dabei in zwei Bereiche unterschieden: 

  • Die situative Selbstwirksamkeit: Hier geht es um eine konkrete Situation z.B. um eine Prüfung, die einen herausfordert oder schwerfällt. 
  • Die allgemeine Selbstwirksamkeit: Hier geht es um die Bewältigung des Lebens im Allgemeinen. 

 

Einen Menschen mit einer hohen Selbstwirksamkeit kann man sich gut als eine Person mit der Überzeugung vorstellen, für ihr eigenes Glück verantwortlich zu sein. Sie würde nach dem Sprichwort „Jeder ist seines Glückes Schmied“ leben. Schwierige Situationen würde diese Person viel mehr als Herausforderung betrachten und nicht als Bedrohung. Es macht also auf verschiedene Situationen bezogen einen großen Unterschied, ob man das Gefühl hat, etwas beeinflussen zu können oder sich der Situation ausgeliefert fühlt. Beispielsweise könnte das entscheidend sein, wenn man einen Vortrag vor einer größeren Gruppe halten muss. Menschen mit einer positiven Selbstwirksamkeitserwartung würden sich wahrscheinlich darauf konzentrieren, dass sie schon öfter erfolgreich einen solchen Vortrag gehalten haben. Sie würden dadurch mit einer positiven Erwartung an die Sache herangehen.

Auch bei unerwarteten Veränderungen würde eine solche Person diese positiv auffassen und ein Gefühl der Selbstwirksamkeit behalten. Ein plötzlicher Jobverlust würde beispielsweise nach einem anfänglichen Schreck eher als neue Chance aufgefasst werden und die Person nicht komplett aus der Bahn werfen. Durch frühere Selbstwirksamkeitserfahrungen würde sich die Person imstande fühlen, eine neue Stelle zu finden und würde dies aktiv ansteuern. 

 

Selbstwirksamkeit entsteht, wie oben bereits erwähnt, meist durch Erfahrungen. Als kleines Kind erlebt der Mensch zum ersten Mal, dass er durch sein Verhalten etwas verändert. Sein Schreien bewirkt, dass er von seinen Eltern Aufmerksamkeit bekommt. Das Kind lernt also: wenn ich in Zukunft etwas von meinen Eltern brauche, kann ich schreien. Es macht eine Erfahrung von Selbstwirksamkeit und Kontrolle. Auch im Erwachsenenalter ist es wichtig, immer wieder die Erfahrung zu machen, dass das eigene Verhalten etwas verändert. 

Genau das kann ein Ansatzpunkt der kognitiven Verhaltenstherapie sein. Patient:innen mit psychischen Erkrankungen haben vor ihrer Therapie oft eine sehr gering ausgeprägte  Selbstwirksamkeit. In der Regel sind es Patient:innen von Arztbesuchen gewohnt, mit Medikamenten in der Tasche nach Hause zu gehen. In ihrem Heilungsprozess nehmen sie also eine passive Rolle ein. Das ist in der kognitiven Verhaltenstherapie anders. Patient:innen sollen sich mittels verschiedener Übungen mit sich selbst auseinandersetzen und ihr Verhalten verändern. Sie nehmen also eine aktive Rolle ein. Dadurch erfahren sie ein starkes Gefühl von Selbstwirksamkeit. Durch diesen Ansatz der kognitiven Verhaltenstherapie kommt es im Vergleich zu einer medikamentösen Behandlung zu weniger Rückfällen.

 

Besonders bei Internet- und Handy-basierten Therapien (IMIs) ist diese aktive Rolle der Patient:innen zur Selbstreflexion noch stärker gefordert. Aktuelle Studien können zeigen, dass Selbstwirksamkeit ein verantwortlicher Mechanismus für die erfolgreiche Behandlung von Depressionen durch Internet- und Handy-basierten Therapien (IMIs) sein könnte. 

Durch die verzahnte Herangehensweise von PSYCHOnlineTherapie wird das Selbstmanagement der Patient: innen also besonders gestärkt. Sie bearbeiten eigenständig und selbstverantwortlich die Online-Lektionen. Sie werden so dazu angehalten, sich aktiv am Therapieprozess zu beteiligen und selbstgesteckte Ziele zu erfüllen.

 

 

Hier finden Sie ausführliche Information:

Domhardt, M., Steubl, L., Boettcher, J., Buntrock, C., Karyotaki, E., Ebert, D. D., Cuijpers, P. & Baumeister, H. (2021). Mediators and mechanisms of change in internet- and mobile-based interventions for depression: A systematic review. Clinical Psychology Review, 83, 101953. https://doi.org/10.1016/j.cpr.2020.101953

 


 

 

 

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